Die siebte Klasse der Waldorfschule in Stuttgart fasste ganze 36 Schüler*innen – eigentlich zu groß, um an zwei Tagen mit allen zu einem guten Abschluss zu kommen. Nur war hier die Motivation der Teilnehmenden und Lehrkräfte ebenso groß. Bereits im Vorfeld wurde das Oberthema „Frauenrechte“ ausgewählt, Kleingruppen zu ganz verschiedenen Aspekten, Fragestellungen und Beitragsformen gefunden, Technik geliehen und Interviews geführt. Die Klasse hatte sogar Termine mit Lokalpolitiker*innen und Protagonistinnen des Leonhardsviertels, Stuttgarts Rotlichtviertels, ausgemacht und die Interviews geführt.

Aber auch die Schulkrankenschwester, Mütter, Großmütter, Lehrkräfte und Klassenkameradinnen kamen in den starken Beiträgen zu Wort. In den insgesamt sechs unterschiedlichen Beiträgen wird das wichtige Thema sehr unterschiedlich beleuchtet und mit Hingabe, Dringlichkeit und Professionalität beeindruckend aufbereitet – absolut hörenswert:
1. Generationenvergleich
Für Mädchen ist es heutzutage selbstverständlich, Abitur zu machen oder zu studieren und sich jeden Beruf auszusuchen, der auch von Männern ausgeübt wird. Das war nicht immer so. Noch vor ein paar Jahrzehnten durften Frauen nur mit Erlaubnis ihres Ehemanns arbeiten. Die Gruppe hat Mütter, Groß- und Urgroßmütter befragt, wie frei ihre Schul- und Berufswahl war und welche Rolle im Haushalt für sie vorgesehen war, bzw. welche Aufgaben sie dort übernehmen mussten.
2. Die Bedeutung der Frauenrechte: Schulkrankenschwester
Warum sind Frauenrechte so wichtig? Über diese Frage haben die Schüler dieser Gruppe mit der Schulkrankenschwester der Freien Waldorfschule am Kräherwald gesprochen. Dabei ging es auch darum, dass manchmal auf andere Länder verwiesen wird, in denen die Situation von Mädchen und Frauen viel schlechter ist als in Deutschland. Trotzdem gibt es auch hierzulande noch viel zu tun, um wirkliche Gleichberechtigung herzustellen.
3. Die Bedeutung der Frauenrechte: Stadt Stuttgart
Die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern ist auch eine öffentliche Aufgabe. Die Stadt Stuttgart zum Beispiel hat dafür eine eigene Stabsstelle. In diesem Interview kommt ein Mitarbeiter dieser Stabsstelle zu Wort. Er erklärt, wie die Stadt Stuttgart zum Beispiel seit Jahren daran arbeitet, dass sich Mädchen und Frauen in der Stadt sicherer fühlen können. Dazu gehört auch der Kampf gegen häusliche Gewalt. Leider sind aber, wie überall sonst auch, nicht alle Projekte umsetzbar, weil Geld oder Personal fehlt.
4. Sexuelle Belästigung
Ein Pfiff, ein obszöner Spruch, ein Augenzwinkern. Frauen und Mädchen werden auf vielfältige Weise belästigt. Manchmal ist es aber auch ein Typ, der sich in der Bahn oder im Bus direkt neben ein Mädchen setzt, obwohl noch eine Menge anderer Plätze frei sind. In diesem Beitrag kommen Mädchen zu Wort, die selbst schon Opfer von sexueller Belästigung geworden sind. Und es wird die Frage gestellt, wie wir alle dazu beitragen können, dass dieses Phänomen irgendwann verschwindet.
5. Opfer-Täter-Umkehr
Dass Mädchen und Frauen belästigt werden, ist schon schlimm genug – und manchmal, wenn Gewalt im Spiel ist, ja auch regelrecht gefährlich. Richtig ungerecht wird’s aber dann, wenn die Mädchen oder Frauen, die Opfer also, auch noch für die Taten verantwortlich gemacht werden. „Sie hat’s doch herausgefordert, indem sie einen kurzen Rock angezogen hat!“ – „Warum schminkt sie sich auch so auffällig?“ Dieser Beitrag nimmt die Opfer-Täter-Umkehr unter die Lupe und fordert, dass die Scham vom Opfer zum Täter wandert.
6. Wie gehen Frauenrechte und Prostitution zusammen?
Das Leonhardsviertel in Stuttgart war lange geprägt von Laufhäusern und Sexclubs. Auch heute gehen noch viele Sexarbeiterinnen dort ihrer Arbeit nach. Doch die Stadtverwaltung will dem Treiben ein Ende setzen. In diesem Beitrag kommen zwei Menschen zu Wort, die sich mit der Situation der Sexarbeiterinnen in Stuttgart auskennen: eine Mitarbeiterin einer Hilfseinrichtung, sowie der Wirt einer Leonhards-Kneipe. Sie erzählen, unter welchen Umständen Prostituierte sicher sein können vor Zwang, Gewalt und Ausbeutung.
